Zeitgleich mit seinen Erfolgen auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie um 1900 strebte Ferdinand Braun organisatorische Veränderungen an der Universität an, die die Hinwendung zur Technik auch in der akademischen Welt, die nützliches, technisch verwertbares Wissen traditionell gering schätzte, verankern sollten. Mit diesen Ansichten gehörte Braun zu einer kleinen Gruppe von Universitätsprofessoren, deren wichtigster Vertreter der Göttinger Mathematiker Felix Klein war.
Braun wollte ähnlich wie Klein an den Universitäten eine wissenschaftliche fundierte Technik in großer Nähe zu den Naturwissenschaften ansiedeln, da er fürchtete, dass eine Trennung zwischen den Naturwissenschaften, die an den Universitäten betrieben wurden, und der Technik, die an spezialisierten technischen Hochschulen gelehrt wurde, auf die Dauer den Fortschritt beider Seiten bremsen würde. Gerade Straßburg erschien ihm für ein solches Projekt, das den Traditionen der deutschen Universitäten in vielen Punkten widersprach, besonders geeignet. Die Straßburger Universität war die jüngste Universität und mit dem Anspruch gegründet worden, von veralteten Traditionen frei zu sein. Daher wäre es nach Brauns Ansicht ihre Aufgabe gewesen, bei diesem notwendigen Schritt voranzugehen.
Aus diesen Erwägungen resultierte Brauns engagierte Parteinahme für die Gründung einer sechsten, technischen Fakultät an der Universität Straßburg. Der Vorschlag zur Gründung dieser Fakultät war zwar möglicherweise eine Reaktion der überwiegend evangelischen Professorenschaft auf die Überlegungen zur Gründung einer katholisch-theologischen Fakultät, Braun scheint mit dieser Gründung aber tatsächlich die Hoffnung verbunden zu haben, ein stärker technisch-praktisch orientiertes Forschungsprogramm im universitären Umfeld anzubinden. Er ging dabei so weit, daß er die gerade erst entstandenen von den Universitäten getrennten Technischen Hochschulen als eine verfehlte und historisch überholte Entwicklung bezeichnete.
Das von Braun vertretene Projekt einer engeren Verbindung der Physik zu einer neu zu schaffenden universitären Technikwissenschaft lässt sich als ein Versuch verstehen, die sich um die Jahrhundertwende abzeichnende zunehmende Unübersichtlichkeit der Physik zu überwinden. Braun sah wie viele Experimentalphysiker in der theoretischen Physik, deren mathematische Methoden ihm zeitlebens fremd blieben, keine erstrebenswerte Alternative. In dieser Situation bestand seine Strategie vielmehr darin, Allianzen mit nichtphysikalischen Interessen zu bilden um dadurch die Bedeutung seiner eigenen Praxis zu sichern. Mit technischen Fakultäten innerhalb der Universitäten und mehreren erfolgreichen elektrotechnischen Unternehmen außerhalb derselben als Verbündeten hätte möglicherweise eine experimentelle und pädagogische Praxis mit klar definierten Zielen und Ausbildungsinhalten etabliert werden können, die der Physik wieder eine einheitliche Gestalt verliehen hätte, ohne den Primat des sorgfältigen Experiments in Frage zu stellen.
Tatsächlich ist dieses Projekt jedoch schon bald an verschiedenen Widerständen sowohl von Seiten der Universitäten wie der technischen Hochschulen gescheitert. Die technische Physik führte in den folgenden Jahrzehnten zumindest an den Universitäten nur eine Art Schattendasein, obwohl zahlenmäßig die meisten Physiker im Bereich der Technik arbeiteten. Erst zwei Jahre nach Brauns Tod fand diese Tendenz mit der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Technische Physik einen organisatorischen Ausdruck.
Braun selbst hat sich auch nach dem Scheitern des Plans zur Errichtung einer technischen Fakultät in Straßburg zumindest bis 1903 oder 1904 hauptsächlich mit technischen Fragen beschäftigt. Danach musste er die Arbeit wegen seiner Wahl zu Rektor der Universität und eine anschließende schweren Krankheit einschränken, und hat sich - nicht zuletzt aufgrund einiger Enttäuschungen über die Zusammenarbeit mit Telefunken und die Widrigkeiten des Patentrechts - auch wieder Fragestellungen der "reinen" Physik zugewandt. In der Lehre des Straßburger Instituts und bei der Ausbildung seiner Schüler nahm die Technik aber weiterhin einen wichtigen Stellenwert ein.